Vom Molekül zur biologischen Funktion

Proteincenter der RUB

von Dr. Nikolaus Bourdos

01.11.2002
RUBENS 74

Proteine sind die Arbeitsmaschinen der Biowelt und gleichzeitig Schlüsselmoleküle bei der Erforschung von Krankheiten
Daran knüpft die Gründung des Proteincenters: Mit einer Vernetzung von Forschergruppen aus den Fakultäten für Biologie, Chemie und Medizin der RUB sind Voraussetzungen geschaffen worden, Proteine von ihrer molekularen bis hin zu ihrer physiologischen Funktion zu untersuchen. Mit dem Proteincenter sollen Plattformtechnologien und Expertenwissen zur Verfügung gestellt werden, um Proteine auf einer breiten und modernen methodischen Basis effektiv zu untersuchen. Das Land NRW fördert die Initiative und verstärkt so die RUB im Bereich der Lebenswissenschaften.

Das Center ruht auf vier "Säulen" bzw. Forschungsbereichen, deren Tätigkeiten jeweils von einem Hochschullehrer koordiniert werden
In der "Strukturbiologie" ist dies Prof. Klaus Gerwert, gleichzeitig Sprecher des Proteincenters. Hier werden mit der Röntgendiffraktometrie sowie schnellen zeitauflösenden spektroskopischen Methoden (besonders FTIR- und FT-Raman-Spektroskopie) Struktur und Dynamik eines Proteins gemessen. Prof. Helmut E. Meyer leitet das "Medizinische Proteom-Center", in dem u. a. mit hochmodernen massenspektrometrischen Verfahren Proteinmuster in Zellen analysiert werden. In der Säule "Biomolekulare Analytik" (Koordinator Prof. William S. Sheldrick) findet sich eine große Ausstattung an modernen instrumentellen Analyseverfahren, darunter die Kernmagnetresonanz(NMR)-Spektroskopie. Die "Biotechnologie" schließlich wird von Prof. Matthias Rögner koordiniert, dessen Arbeitsgruppe über große Erfahrung in der Membranprotein-Expression und -Aufreinigung verfügt. Die Aufgaben der "Roboter der Natur" (so der Titel eines Buches über Proteine) sind vielfältig: Sie beschleunigen biochemische Reaktionen, vermitteln Signale und verleihen Zellen ihre Festigkeit und Elastizität. Ihre Funktion wird maßgeblich von der räumlichen Anordnung ihrer Atome bestimmt, Fehler in der Raumstruktur können zu schweren Krankheiten führen, z. B. BSE, Creutzfeldt-Jakob.

Prof. Klaus Gerwert Prof. Matthias Rögner

Prof. Klaus Gerwert

Prof. Matthias Rögner


Prof. William S. Sheldrick Prof. Helmut E. Meyer

Prof. William S. Sheldrick

Prof. Helmut E. Meyer

Die Raumstruktur eines Proteins klärt man mit aufwändigen physikalischen Methoden, allen voran die Röntgendiffraktometrie und die NMR-Spektroskopie (Nobelpreis für Chemie 2002). Doch auch das sog. Proteinmuster kann verräterische Signale für Krankheiten enthalten. Es repräsentiert die Gesamtheit aller Proteine in einer Zelle oder einen Ausschnitt davon, das Proteom. Das junge Forschungsgebiet der Proteomik befasst sich mit der Analyse der Proteinmuster und der Wechselwirkungen zwischen den Proteinen. So findet man etwa Eiweißmoleküle, die Aufschluss über Stadium oder Ausmaß einer Krankheit geben. Solche spezifischen Indikatoren aufzuspüren und ihre Funktion zu bestimmen, ist ein wichtiger Teil der pharmazeutischen Forschung.
Durch Bündelung ihrer Ressourcen und Koordination ihrer Tätigkeiten können die beteiligten Forschergruppen in interdisziplinären Kooperationen die Proteinforschung an der RUB stärken. Die Plattformtechnologien und das Expertenwissen des Proteincenters sollen als Service anderen Biowissenschaftlern sowie Medizinern zur Verfügung gestellt werden. Wichtige Ziele sind die kontinuierliche Weiterentwicklung der Plattformtechnologien und ihre Bereitstellung für andere Forschergruppen. Das Säulen-Konzept ist offen und erweiterbar, weitere Arbeitsgruppen können sich anschließen.
Mit der starken interdisziplinären Vernetzung soll es in Zukunft möglich sein, konkurrenzfähiger bei großen Ausschreibungen (EU, BMBF) zu sein. Jüngste Trends zeigen, dass Fördermittel bevorzugt dorthin fließen, wo große vernetzte Strukturen etabliert worden sind.

Das Profil der Proteinforschung soll durch geeignete Neuberufungen, darunter drei Juniorprofessoren, erweitert werden
Dr. Eckhard Hofmann hat im August die Juniorprofessur für Röntgenstrukturanalyse von Proteinen am Lehrstuhl für Biophysik angetreten, womit dieser wichtige Forschungszweig nun an der RUB vertreten ist. Dr. Albert Sickmann wird am Medizinischen Proteom-Center eine Juniorprofessur im Bereich "Proteomics" übernehmen. Ein Juniorprofessor für NMR-Spektroskopie wird gerade berufen.

Auch die Studierenden werden vom Proteincenter profitieren
Sie sollen Fähigkeiten erwerben, die ihnen auf dem wachstumsstarken Biotechnologiemarkt zugute kommen. Ein Ausbau der Forschung in dieser Disziplin ist daher auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region.

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